4.3.1 Planungsprozess in einer mittelgroßen Kommune

Was gab den Anstoß / Welcher Zweck soll verfolgt werden?
Auslöser für erste Planungen zur Einrichtung eines Service Centers war eine Initiative des ersten direkt gewählten Oberbürgermeisters, der die Verbesserung der telefonischen Erreichbarkeit in der Verwaltung zu einem seiner Wahlkampfthemen gemacht hatte. Aufgrund der angelaufenen Planungen eines Verwaltungs-Call-Centers in der Nachbarstadt bemühte man sich, in Zusammenarbeit mit dem externen Berater ExperTeam, um eine Konzeption eines Service Centers, das sowohl Vermittlungsaufgaben als auch Beratungsfunktionen wahrnehmen sollte. Externe Vorgaben wurden zudem von der KGSt und aus anderen Beratungszusammenhängen von ExperTeam berücksichtigt. Anregungen aus anderen Kommunen – so z. B. das telefonische Beschwerdemanagement in Arnsberg – wurden ebenfalls geprüft. Von ExperTeam wurde eine Erfassung des Telefonie-Aufkommens in der Telefonzentrale und des Aufkommens in den Info-Stellen geleistet (Bürgerbüro, Informationsportal im Rathausfoyer), inzwischen dürften die Angaben zum prognostizierten Anrufaufkommen nicht mehr aktuell sein.

Aufgrund von Steuerausfällen (wegen starker Abhängigkeit von einem großen ortsansässigen Chemiekonzern) ausgelösten finanziellen Einbußen konnte der Errichtungsbeschluss des Verwaltungsvorstandes vom Frühjahr 2001 nicht mehr wie geplant umgesetzt werden. Stattdessen wurde begonnen, nach Lösungen mit vermindertem Finanzbedarf zu suchen. Nach einigen Diskussionen über die nun tatsächlich zur Verfügung stehenden Investitionsmittel wurde als Alternativlösung eine Zusammenführung der drei bestehenden Dienste (Stadtbüro, Empfangsbüro im Rathaus mit Bürgertelefon, Telefonzentrale) als Basis für das Service Center vereinbart. Der Betriebsbeginn für einen daraus entstehenden (telefonischen) Info-Dienst (so der neue Name anstatt eines Call-Centers) ist für das Frühjahr 2002 vorgesehen.

Beschreibung der gewählten Organisationslösung
An einer dem mehrfach veränderten Kostenrahmen entsprechenden Lösung, wird noch gearbeitet. Im Gegensatz zu den ersten Planungen konnte beim Versuch der Anpassung einer geeigneten Konzeption an die verminderten finanziellen Möglichkeiten jedoch nicht auf externe Erfahrungen zurückgegriffen werden. Durch die Notwendigkeit zur Kosteneinsparung ist zwar das Hauptziel, eine Verbesserung der telefonischen Erreichbarkeit zu erreichen, weiter gültig, für die Planung ist es jedoch inzwischen vorrangig, das wirklich Machbare zu definieren und keine zu hohen Erwartungen aufkommen zu lassen. Ein weiteres Ziel wird in der Zusammenführung verschiedener Aktivitäten gesehen, die in enger Verbindung mit der Einrichtung telefonischer Beratungsdienste stehen (Arbeitskreis zu E-Government). Auch der Arbeitskreis zur Neugestaltung der gleitenden Arbeitszeit, deren Ziel die Sicherstellung der Erreichbarkeit in der Verwaltung ist, sollte mit der Entwicklung des Service Center verknüpft werden, da gleiche Ziele verfolgt werden.

Die angestrebte Organisationslösung sieht eine Verknüpfung mit der bestehenden Telefonzentrale vor. Aus dieser soll der neue Info-Dienst hervorgehen. Derzeit läuft eine Schulungsmaßnahme, um die für den Info-Dienst vorgesehenen Mitarbeiter mit EDV-Anwendungen und Internet-Services vertraut zu machen. Bislang sind in der Telefonzentrale noch keine PC´s vorhanden, in Kürze sollen jedoch diese dort installiert werden. Weitere Schulungsinhalte sind kommunikative Kompetenz und Gesprächsführung am Telefon. Die Schulungen werden extern durchgeführt.

Aus Sicht der Verwaltung ist die personelle Überführung der Telefonzentrale in den neuen Info-Dienst nicht unbedingt die ideale Lösung; eine andere Variante (mit Neueinstellungen) kommt aus Kostengründen jedoch nicht infrage. Die bisherigen Beschäftigten in der Telefonzentrale sehen in der Umwandlung zwar einerseits positive Aspekte, da sie mit einer Vergütungsanhebung rechnen können, andererseits erwarten sie auch eine deutliche Arbeitsverdichtung. Nicht alle wollen daher von der Telefonzentrale in den Info-Dienst wechseln. Der Personalrat trägt dafür Sorge, dass für alle geeignete Lösungen mit Bestandsschutzgarantie gefunden werden. Eine Schwerbehinderte, die bisher in der Telefonzentrale beschäftigt ist, soll innerhalb des neuen Info-Dienstes eine Sonderfunktion einnehmen und künftig die intern nicht amtsberechtigten Nebenstellen nach außen vermitteln. Ansonsten wird der Personalrat über die anstehenden Planungsschritte zwar regelmäßig informiert, beteiligt sich an der Konzeption jedoch kaum.

In der nächsten Zeit ist in Zusammenarbeit mit den Fachdiensten zu klären, wie eine angemessene Erreichbarkeit und die Qualität der zu erteilenden Auskünfte garantiert werden können. Diese Grundlagen sollen in Gesprächen mit den Fachdiensten vereinbart werden, damit eine übereinstimmende Verständigung über das Leistungsspektrum des Service Centers möglich wird. Dabei muss auch geklärt werden, wie die Zuarbeit der Fachstellen beim Aufbau einer Wissensdatenbank aussehen kann. Einerseits geht es darum, die gesamte Verwaltung von der nicht überall gleichermaßen eingeschätzten Notwendigkeit der Einrichtung des Info-Dienstes (die Zustimmung ist während der unsicheren Projektphase tendenziell eher gesunken) zu überzeugen. Andererseits müssen auch praktische Hilfestellungen geleistet werden, um die dezentrale Ermittlung und Sammlung der relevanten FAQ´s zu unterstützen.

Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren
Die Unsicherheiten in der Planungsphase, die wesentlich durch die unklare Finanzlage ausgelöst wurden, können am Beispiel der Stadt Leverkusen als wesentlicher Erfolgs- und Misserfolgsfaktor angesehen werden. Auch wenn es unter den gegebenen örtlichen Umständen kaum möglich zu sein schien, die aufgetretenen finanziellen Engpässe anders als durch einen Verzicht auf die bis dahin vorgenommene Planung des Service Center auszugleichen, ist die über einen längeren Zeitraum bis heute unklare Projektstruktur als wesentliches Manko im Prozess festzustellen. Hieraus ergeben sich eine Reihe von Folgeproblemen:
Bewertung / Empfehlung zur gesundheitsgerechten Umsetzung
(ist in diesem Beispiel schwierig zu benennen, eigentlich gilt hier – da die Realisierung erst noch bevorsteht – alles, was ansonsten im Leitfaden für neue Call Center empfohlen wird, hier nur Merkpunkte):

Rolf Brandel, Klaus Heß


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