4.1.5 Personalauswahl und Personalentwicklung

Durch die veränderten Anforderungen und Rahmenbedingungen an öffentliche Verwaltungen, die in den letzten Jahren zu verschiedenen Reformaktivitäten geführt haben, wird der Personalentwicklung in der Verwaltung seit einiger Zeit eine verstärkte Aufmerksamkeit beigemessen. Neue Zielsetzungen und Funktionen der von den Verwaltungen zu erbringenden öffentlichen Aufgaben stellen veränderte Anforderungen an die Organisation der Verwaltungsabläufe und damit auch an das Personal. Der Funktionswandel des Staates und die verstärkte Dienstleistungsorientierung stellen erhöhte Anforderungen an die Mitarbeiter, die durch geeignete Personalentwicklungsmaßnahmen unterstützt werden müssen. Begriffe wie kooperative Führung und teamorientiertes Arbeiten machen deutlich, dass es entsprechender Initiativen bedarf, um den neuen Anforderungen in den Arbeitseinheiten zum Durchbruch zu verhelfen.

Eine gezielte Personalentwicklung schafft in diesem Kontext eine Verknüpfung zwischen allgemeinen, an die Belegschaft als ganzes gerichteten Anforderungen und individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten. Daher kommt geeigneten Instrumenten zur Personalführung, Personalbeurteilung und zur Frage des bestmöglichen Einsatzes innerhalb einer Arbeitseinheit eine besondere Bedeutung zu. Personalentwicklung greift diese Fragestellungen auf und sorgt dafür, dass diese auch perspektivisch – sowohl für die Organisation als auch für den einzelnen Mitarbeiter – umgesetzt werden können. Insofern ist Personalentwicklung als ein strategisches Instrument zu verstehen, das im Idealfall eine Brückenfunktion zwischen den Anforderungen einer Verwaltung und den individuellen Zielen der Beschäftigten einnimmt.

Bei der Neueinrichtung einer Arbeitseinheit – wie etwa eines öffentlichen Service Centers – fallen Personalauswahl und -entwicklung zusammen. Deshalb werden in diesem Kapitel beide Aspekte gemeinsam betrachtet. Bei der Personalauswahl für einen ganzen neu einzurichtenden Arbeitsbereich stellen sich, anders als bei einzelnen Nachbesetzungen bestehender Organisationseinheiten, zahlreiche Fragen der Personalentwicklung, die bezogen auf den einzelnen Bewerber als auch auf die Gesamtheit der neu einzustellenden Mitarbeiter beantwortet werden müssen. Auch Personalauswahlverfahren müssen daher in diesem Fall individuelle Aspekte und organisationsbezogene Aspekte der neuen Arbeitseinheit instrumentell integrieren.

Die Einrichtung eines öffentlichen Service Centers setzt einen wesentlichen Schwerpunkt im Bereich der Kundenorientierung. Noch vor wenigen Jahren war der Begriff „Kunde“ in der öffentlichen Verwaltung relativ unbekannt und mit großen Vorbehalten behaftet. Im Zuge der Modernisierungsreformen (Schlagwort: Neue Steuerungsmodelle) wurden teilweise heftige Diskussionen um diesen Begriff entfacht, die auch den Funktionswandel öffentlicher Leistungen thematisierten. Wichtiger als die unmittelbare Diskussion um derartige Begriffsbezeichnungen ist jedoch die Problematik, die viele Bereiche der Verwaltung noch immer mit einem entsprechenden Serviceverständnis haben. Sowohl Personalauswahl als auch Personalentwicklung müssen daher so angelegt sein, dass sie der Idee sowohl innerhalb der neu zu errichtenden Arbeitseinheit „Service Center“ als auch in der übrigen Verwaltung zum Erfolg verhelfen. Personalentwicklungsmaßnahmen müssen sich daher nicht auf abgegrenzte Bereiche innerhalb der Verwaltung beschränken, sondern mit den Aktivitäten in der gesamten Behörde kombiniert werden. Hier gilt es, für die gesamte Behörde einheitliche und generell gültige Leitlinien zu formulieren, die dann in den einzelnen Ebenen zu konkreten Umsetzungsschritten entsprechend den individuellen Anforderungen hin konkretisiert werden.

Personalauswahl und -entwicklung sind aber auch immer im Kontext mit den individuellen Entwicklungszielen der Beschäftigten zu stellen. Die enger werdenden finanziellen Spielräume, der deutliche Personal- und Stellenabbau haben häufig zu ansteigenden Belastungen geführt und eine Verringerung potenzieller Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten mit sich gebracht. Gleichzeitig bestimmen sich die Interessen der Beschäftigten immer mehr nach sich weiter ausdifferenzierenden Karriere- und Entwicklungswegen. Wo früher klare Laufbahnen und ausreichende abschätzbare Karrieremöglichkeiten innerhalb der Verwaltung vorhanden waren, sind jetzt Unsicherheiten und häufig Frustrationen zu verzeichnen. Hierin liegt aber auch eine Chance, mit Hilfe von Personalentwicklung neue Wege der Motivation für die Beschäftigten zu finden. So ist es heute zwar für die Personalverantwortlichen in einer Behörde schwerer, motivierende Versprechungen zu machen und den Beschäftigten die gewünschte klare Perspektive aufzuzeigen. Personalentwicklung muss daher versuchen, selbst neue Karrierewege und individualisierte Entwicklungsperspektiven für die einzelnen Beschäftigten entwickeln und weitergehende, auch immaterielle Anreize einzusetzen. Sie muss heute mehr auf die individuellen Bedarfe der Bediensteten eingehen. Allerdings ist so auch eine Chance für diejenigen verbunden, für die die üblichen, traditionellen Karrierelaufbahnen des öffentlichen Dienstes aus welchen Gründen auch immer nicht infrage kommen.

4.1.5.1 Bestandteile und Zielsetzungen von Personalentwicklung
Die Zielsetzungen moderner Personalentwicklung in der öffentlichen Verwaltung lassen sich in sechs Punkte gliedern, anhand derer im folgenden die zentralen Inhalte und einige Service-Center-Spezifika dargestellt werden sollen (nach Nentzel 1999, 21-23):
Mitarbeitergespräche als zentrales Instrument der Personalentwicklung
Personalentwicklung ist im wesentlichen eine Führungsaufgabe und muss daher in die allgemeinen Aufgaben der Vorgesetzten integriert werden. Für viele Aspekte der Personalentwicklung bietet es sich jedoch an, im Rahmen von Mitarbeitergesprächen die notwendigen Grundlagen und Vereinbarungen festzulegen. Daher soll den verschiedenen Aspekten eines Mitarbeitergesprächs an dieser Stelle eine besondere Aufmerksamkeit zuteil werden.

Mitarbeitergespräche sollten in einem regelmäßig wiederkehrenden Turnus vertraulich zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter geführt werden. Sie haben damit eine abschätzbare zeitliche wie inhaltliche Perspektive. Mitarbeitergespräche können als Zielvereinbarungs-, Förder- oder Beurteilungsgespräch angelegt sein.

Bei Zielvereinbarungen ist es bedeutsam, klar nachvollziehbare Ziele und Erwartungen zu formulieren. Sie sollten partnerschaftlich ausgelegt sein, also nicht nur einseitig Erwartungen an die Leistungen der Beschäftigten formulieren, sondern ebenso auch Zusagen beinhalten, was die Organisation für den Beschäftigten tun kann. Im Service-Center-Bereich sollte man nach Möglichkeit davon absehen, unmittelbar auf die Maßzahlen der erhobenen Gesprächs- und Bearbeitungsdaten individuell abzuzielen, da dies als streng kontrollierender und reglementierender Effekt für eine vertrauensbasierte Personalentwicklung ungeeignet ist. (Darüber hinaus haben in den meisten bisher vorhandenen Beispielen die Personalvertretungen erwirkt, dass eine individuelle Auswahl dieser Daten nicht erfolgen darf.) Es scheint daher insbesondere im Service-Center-Bereich notwendig, Ziele nicht nur quantitativ anhand von Maßzahlen zu bewerten, sondern zugleich auch qualitative Instrumente zu installieren.

Zielvereinbarungsgespräche sind jedoch kein Muss. Gerade in neu angelegten Arbeitseinheiten ist es oft schwierig, geeignete Ziele zu definieren und deren Einhaltung sicherzustellen. Sofern die Aufbauphase eines Service Centers noch mit zahlreichen Unsicherheiten behaftet ist, macht es keinen Sinn, diese für beide Seiten bestehenden Probleme durch den Anschein einer klar definierten Zielvereinbarung umgehen zu wollen. Fest etablierte und verpflichtende Rituale sollten erst unter klaren organisatorischen Rahmenbedingungen angewendet werden.

Stattdessen bieten sich in noch unsicheren Aufbauphasen eher Mitarbeitergespräche im Charakter eines unverbindlicheren Fördergesprächs an. Hierbei haben beide Seiten die Möglichkeit, ihre auch zum Teil noch unklaren Vorstellungen über persönliche und organisationsbezogene (Qualifizierungs-) Ziele und Erwartungen zu äußern und nach Möglichkeiten der Übereinstimmung zu durchleuchten. Wichtig ist dabei, dass Erwartungen offen benannt werden und beiderseitig die Bereitschaft besteht, diesen auch im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten zu entsprechen. Ein Fördergespräch stellt somit eine geeignete Vorstufe zu einem Zielvereinbarungsgespräch dar, wenn aufgrund der gegebenen Rahmenbedingungen eine feste Vereinbarung (noch) nicht legitim abzuschließen wäre.

Sofern Beamte in öffentlichen Service Centern beschäftigt werden, so müssen nach den beamtenrechtlichen Regelungen dienstliche Beurteilungen gefertigt und in einem eigenständigen Gespräch erläutert werden. Beurteilungsgespräche sollten jedoch nach Möglichkeit mit Förder- oder Zielvereinbarungsgesprächen verknüpft werden, um die Verbindung zu den notwendigen Maßnahmen (z.B. gezielte Qualifizierungen o.ä.) zu schaffen. Allerdings kann es bei einem neu eingerichteten Service Center nach einiger Zeit sinnvoll sein, ein eigenständiges Gespräch mit allen Beschäftigten über die Erwartungen und Erfahrungen an dem neuen Arbeitsplatz zu führen. Da das Arbeitsfeld „Service Center“ für alle, Vorgesetzte wie Mitarbeiter, ein noch unbekanntes ist, sollte Offenheit über erreichte, aber auch enttäuschte Erwartungen hergestellt werden. Wer sich an dem neuen Arbeitsplatz nicht wohl fühlt, sollte die Möglichkeit haben, dies systematisiert angeben zu können, damit nach geeigneten Strategien zur Verbesserung gemeinsam gesucht werden kann. Das gleiche gilt für Erwartungen von Vorgesetzten, die sich ebenso nicht auf Erfahrung stützen können, sondern erst mit der Erfahrung aus dem laufenden Service Center Betrieb neu entwickelt werden. Auch dieses muss offen und im gegenseitigen Verständnis gehandhabt werden. Dabei ist es wichtig, frühzeitig den Mitarbeitern den Eindruck zu vermitteln, etwas lernen und sich weiterentwickeln zu können anstatt auf einem nun einmal erreichten Stand zu verharren. Sie dürfen sich als interne Bewerber ebenso wenig abgekoppelt fühlen von anderen Karrierechancen, die sie an anderer Stelle in der Verwaltung, von denen sie herkommen, gehabt hätten.

Neben den verschiedenen Formen von Einzelgesprächen sind auch Gruppengespräche zwischen den Arbeitsteams empfehlenswert. Für ein teamorientiertes Arbeitsfeld wie das des Service-Center-Betriebs empfiehlt es sich, eigenständige Gruppenbesprechungen zur Regel zu machen, in denen betriebliche Notwendigkeiten, organisatorische Fragen und potenzielle Konflikte auf gleicher Hierarchieebene, d.h. in der Regel ohne die Führungskraft, behandelt werden können. Gruppengespräche sind auch geeignet, nach einiger Zeit der Einarbeitung dafür Sorge zu tragen, dass einige organisatorische Aufgaben der Personaleinsatzplanung oder der eigenverantwortlichen Bearbeitung von Kundenanfragen auf die Gruppe selbst übertragen werden können.

Wichtig ist, dass für alle diese Gesprächsarten im Vorfeld ein transparenter Gesprächsleitfaden entwickelt wird, der das Ziel des Gesprächs verdeutlicht und beiden Seiten bzw. allen Beteiligten der Gruppe zur Vorbereitung dient. Um die speziellen Bedürfnisse im Service Center zu berücksichtigen, sollte nach Möglichkeit kein allgemeiner, bereits in der Verwaltung vorhandener Leitfaden verwendet werden, um die Passgenauigkeit der Gesprächsinhalte zu erhöhen. Dennoch sollte, sofern bereits vorhanden, an etablierte Traditionen der Gesprächsführung innerhalb der Behörde angeknüpft werden.

Personalentwicklung in der Einarbeitungsphase
Personalentwicklung ist eine laufende Aufgabe, die ständig wahrgenommen werden muss. In der Einarbeitungsphase neuer Mitarbeiter ist jedoch – vor allem bei komplett neu aufzubauenden Arbeitseinheiten wie dem Service Center – eine besondere Verpflichtung zur unterstützenden Personal-entwicklungsarbeit erforderlich. Einige Aspekte, auf die in dieser Zeit zu achtenist, werden im folgenden thematisiert.

Zunächst ist von Bedeutung, ob die in der Grundschulung vor der eigentlichen Arbeitsaufnahme des Service Centers vermittelten Kenntnisse für den täglichen Betrieb ausreichend sind. Gegebenenfalls sind Nachschulungen erforderlich. Dem Personalverantwortlichen obliegt es, herauszufinden, ob es einen persönlichen individuellen Nachschulungsbedarf gibt oder ob es darüber hinausgehende Bedarfe für das gesamte Team gibt.

Zu fragen ist ferner, ob und wie ggf. auftretende gesundheitliche Belastungen frühzeitig erkannt, verringert oder vermieden werden können. Gerade in der Anfangsphase können durch Unkenntnis oder falsche Beanspruchungen solche Belastungen relativ häufig auftreten. Es ist daher wichtig, diese Effekte frühzeitig zu beobachten und gegenzusteuern.

Um die Einarbeitung zu erleichtern, ist das Coaching neuer Mitarbeiter ein in Service Centern weit anerkanntes Instrument (vgl. Bittner, Schietinger, Weinkopf, 2002 ). Da beim Aufbau eines neuen Service Centers in der öffentlichen Verwaltung alle dortigen Arbeitsplätze neu besetzt werden, ist ein Coaching nur über die Teamleitung bzw. den Vorgesetzten möglich. Später können einzelne neu einzustellende Bedienstete auch von einem bereits erfahrenen Teammitglied gecoacht werden. Diese Variante ist dann insofern zu bevorzugen, da hier die Gefahr einer in das Coaching einfließenden hierarchischen Leistungskontrolle ausgeschlossen werden kann.

Die Einarbeitungszeit sollte auch dazu genutzt werden, den Beschäftigten sukzessive weitere Kompetenzen zu übertragen. Macht es zu Betriebsaufnahme des Service Centers noch Sinn, eine klare Vorgabe für die Arbeitseinteilung der Gruppe zu machen, so sollte dies nach einiger Zeit soweit möglich den Teammitgliedern selbst überlassen werden. Eine schrittweise Zurücknahme der Hierarchiefunktionen sollte daher von den Personalverantwortlichen angestrebt werden, auch wenn dies als Reduzierung eigener Kompetenzen nicht immer leicht fällt.

Fähigkeiten der Selbstregulierung, die zur Betriebsaufnahme noch nicht so weit ausgeprägt sein können, sollten ebenso schrittweise erweitert werden. Dazu gehört vor allem die Pflege und Dateneingabe in die Wissensdatenbank, aber auch die Beherrschung technischer Grundkenntnisse, um leichte Systemstörungen eigenständig beheben zu können. Der Personalverantwortliche sollte auch hier dafür sorgen, dass die Beschäftigten nach einiger Zeit in erweiterte Kompetenz- und Verantwortungsbereiche hineinwachsen und weitestgehend eigenständig ihre Arbeit erledigen können. Dies stellt auch einen wesentlichen Motivations- und Leistungsfaktor dar.

4.1.5.2 Personalauswahl
Bei der Auswahl von Personal, das in öffentlichen Service Centern eingesetzt werden soll, sind im Vergleich zu vielen anderen Aufgabenstellungen innerhalb der öffentlichen Verwaltung spezielle Auswahlkriterien heranzuziehen. Da die Aufgabenstellungen, die sich in den Servicebereichen wiederfinden, von der üblichen Verwaltungstätigkeit deutlich unterscheidet, sind dementsprechend auch alternative Muster der Personalauswahl anzustreben. Dennoch gilt es, ein speziell auf die Belange der öffentlichen Verwaltung zugeschnittenes Auswahlverfahren vorzusehen, um den besonderen Belangen Rechnung zu tragen. Hierfür sind vor allem die folgenden Gründe ausschlaggebend:
Interne oder externe Personalauswahl
Die Entscheidung, ob das für den Einsatz in öffentlichen Call und Service Centern eingesetzte Personal intern oder extern rekrutiert wird, ist häufig schon vorbestimmt. Aufgrund der finanziellen Situation der öffentlichen Haushalte wurde in vielen Kommunen bereits ein Einstellungsstop erlassen, der eine Neueinstellung von Personal in größerem Umfang nicht zulässt. Die Überlegung, ob die künftig in einem Service Center beschäftigten Angestellten, intern oder extern rekrutiert werden sollten, bleibt davon jedoch nicht unberührt. Zum einen sind bereits einige Beispiele bekannt, wo trotz bestehender Einstellungshemmnisse eine externe Personalrekrutierung dadurch erzielt wurde, dass das Call- und Service Center als gesamte Organisationseinheit externalisiert wurde. Zum anderen ist es mit Blick auf die spezielle Arbeitsform notwendig, die verschiedenen Gründe für interne und externe Ausschreibungen sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Einige Aspekte sollen daher im folgenden näher beleuchtet werden.

Für eine interne Personalauswahl sprechen vor allem die folgenden Aspekte:
Dagegen sind für eine externe Rekrutierung anzuführen:
Darüber hinaus sind praktische Beispiele dafür bekannt, dass die Personalrekrutierung teilweise auch allein auf bestimmte Gruppen reduziert wurde. Bei interner Personalauswahl ist dies oft ein bestimmter Beschäftigtenkreis, der ansonsten in seiner bisherigen Funktion nicht mehr beschäftigt werden kann und deshalb die Tätigkeit im Service Center als Alternative angeboten bekommt. Bei externer Rekrutierung werden teilweise auch mit Blick auf entsprechende Förderprogramme z.B. Langzeitarbeitslose angesprochen, die in dem aufzubauenden Service Center eine Beschäftigungsmöglichkeit finden. Solche Ansätze sollen im folgenden jedoch außerhalb der Betrachtung bleiben, da dort die Personalgewinnung nicht im idealtypischen Sinne verfolgt wird, sondern von anderen Determinanten (z.B. Verfügbarkeit von Personalressourcen bzw. Nutzung von Fördermittel und arbeitsmarktpolitische Programme) bestimmt wird.

Auswahl geeigneter Personen
In den meisten derzeit im Aufbau oder im Betrieb befindlichen öffentlichen Service Centern wird mit internen Rekrutierungen gearbeitet. Externe Neueinstellungen vorzunehmen ist für die meisten öffentlichen Behörden, die ein Service Center einrichten wollen, ohnehin aufgrund der finanziellen Lage unmöglich. Darüber hinaus erscheint es auch personalpolitisch sinnvoll, die sich durch Stellenkürzungen weiter verengenden Aufstiegsmöglichkeiten durch eine interne Rekrutierung im Service-Center-Bereich ein wenig zu erweitern. Deshalb sollen im folgenden die Überlegungen zur Auswahl geeigneter Bewerber unter den Bedingungen interner Bewerbungen ausgerichtet werden.

Für die Rekrutierung von Personal zur Tätigkeit in öffentlichen Service Centern gibt es bislang nur wenige Beispiele, so dass auch noch keine verifizierten Empfehlungen abgegeben werden können. Grundsätzlich sollte jedoch bei einer internen Ausschreibung darauf geachtet werden, dass nur die Personenkreise angesprochen werden, die auch tatsächlich in das Auswahlverfahren einbezogen werden sollen. Es macht wenig Sinn, eine offene Ausschreibung in der Behörde zu veröffentlichen, wenn die Personalplanung ohnehin nur einen bestimmten Beschäftigtenkreis für eine Tätigkeit im Service Center vorsieht. Dieses sollte bereits vor einer Ausschreibung mit den beteiligten Stellen geklärt werden, um keine unerfüllbaren Erwartungen im Kreise der Beschäftigten entstehen zu lassen.

Da die Tätigkeit für sonstige Verwaltungsabläufe sehr un-typisch ist, empfiehlt es sich, ein möglichst heterogenes Team zusammenzustellen. Es mag zunächst auf der Hand liegen, bei der Personalauswahl auf bestimmte Beschäftigtengruppen zurückzugreifen, da diese vermeintlich leichter in ein Team zu integrieren sind. Die Vielfalt der Aufgaben, die in einem öffentlichen Service Center anfallen, legt es jedoch nahe, unterschiedliche Erfahrungen und Hintergründe auch in der Mitarbeiterschaft zu bündeln. Darüber hinaus entgeht man so der Gefahr, dass aus der früheren Tätigkeit herrührende Konflikte der bisherigen Kollegen die Arbeitsaufnahme des Service Centers belasten.

Die Ausschreibung der im Service Center zu besetzenden Stellen sollte im üblichen Verfahren für interne Besetzungen erfolgen. Im Zuge des Neuen Steuerungsmodells ist derzeit in vielen Kommunen zu beobachten, dass sich die Zuständigkeiten für die Personalauswahl und den Personaleinsatz von der zentralen auf die dezentrale Ebene verlagern. Dies hat in der Übergangsphase zu beachtlichen Problemen geführt. So wurde festgestellt, dass in den neu mit Personalverwaltungsaufgaben betrauten Fachämtern oder –dezernaten die strategische Ausrichtung der Personalpolitik noch unzureichend entwickelt ist (Schröter, 2001, S. 29). Die Ursache liegt durchaus auf der Hand, für die zentralen Personalämter waren Personaleinstellungsverfahren Tagesgeschäft, für die Fachbereiche stellen solche Aufgaben eher eine Ausnahme dar (Burkert, 2001, S. 36). Um diese Problematik zu entschärfen, empfiehlt es sich daher, eine Auswahlkommission zu bilden, der neben den Fachdiensten auch Personaldienste und die Steuerungsebene der Verwaltung angehören sollten. Darüber hinaus kann auf dieser Ebene die erforderliche Einbindung von Personalrat, Gleichstellungs- und Schwerbehindertenvertretung in verfahrensunterstützender Weise erfolgen.

Zentrale Aufgabe dieser Auswahlkommission ist es, bereits im Vorfeld ein Anforderungsprofil zu formulieren und eine verständliche Beschreibung der anfallenden Tätigkeit zu leisten. Es steht zu vermuten, dass über die anfallende Arbeit in einem Service Center noch keine klaren Vorstellungen bestehen, so dass diese erst in diesem Verfahren entwickelt werden sollen. Von besonderer Bedeutung ist dabei, ob beabsichtigt ist, den Bediensteten weitergehende Kompetenzen z.B. hinsichtlich der Einsatzplanung o.ä. zu überlassen oder in welcher Form Mischarbeitsplätze zur Entlastung von reinen Telefondiensten eingerichtet werden können. Um Offenheit zu gewährleisten, sollte im Anforderungsprofil hierbei soweit wie möglich auf Fähigkeiten und Eigenschaften als auf abgeschlossene (Verwaltungs-)Prüfungen, Zeugnisse o.ä. abgestellt werden. Sofern bereits im Vorfeld relevante Fortbildungen zu den erforderlichen sozialen Fähigkeiten stattgefunden haben, können diese jedoch in die Ausschreibung aufgenommen werden, um die Teilnehmer dieser Veranstaltungen gesondert anzusprechen.

Es empfiehlt sich darüber hinaus, bereits in dieser Phase zu prüfen, ob für Leistungsgewandelte bzw. Personen mit Behinderungen geeignete Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt werden können. Bei internen Ausschreibungen ist natürlich der in Frage kommende Personenkreis gering, so dass eventuelle Anforderungen an die Ausgestaltung eines Arbeitsplatzes bereits hinreichend abgeschätzt werden können. Nicht sinnvoll wäre es, in die Ausschreibung einen Mustersatz zur potenziellen Bevorzugung schwerbehinderter Bewerber aufzunehmen, wenn dies nicht auch realisierbar erschiene.

Die Ausschreibung selbst sollte neben dem in der Auswahlkommission diskutierten Anforderungsprofil auch Hinweise auf die zu erwartenden Arbeitszeiten und –belastungen enthalten. Gerade eine Service-Center-Tätigkeit unterscheidet sich gravierend von den Arbeitsbedingungen, die ansonsten in der Verwaltung vorzufinden sind. Um Enttäuschungen und Bewerbungen von Beschäftigten zu vermeiden, für die eine Arbeit im Service Center bei näherem Hinsehen nicht in Frage kommt, sollte darüber hinaus eine Möglichkeit zur Information und für unverbindliche Rückfragen geschaffen werden.

Für die Gestaltung des Auswahlverfahrens bietet sich ein formalisiertes Vorgehen an, da sowohl die Personalverantwortlichen als auch die Bewerber vermutlich nur in geringem Umfang über praktische Erfahrungen mit dem Betrieb von Service Centern verfügen. Um die Eignung der Bewerber zu prüfen, ist daher vor allem die Bewertung situativen Verhaltens notwendig. Im Auswahlverfahren sollten daher Simulationen realistischer Arbeitssituationen und Rollenspiele unbedingt enthalten sein. Dennoch werden auch klassische Methoden wie das unstrukturierte Interview zur Anwendung kommen müssen, um die Interessen und die Motivationslage der Beschäftigten hinterfragen zu können.

Die Anwendung von Testverfahren bei internen Bewerbungen ist umstritten. Zum Schutz abgelehnter Bewerber, die an ihre angestammten Arbeitsplätze zurückkehren, ist daher auf einen besonderen Vertrauensschutz zu achten. Situationsbezogene Auswahlverfahren sollten daher auch den Charakter der Information für den Bewerber haben. Niemand sollte mit Gesichtsverlust das Auswahlverfahren verlassen müssen, wenn er merkt, dass diese Arbeitsform für ihn nicht in Frage kommt.

Für die Gestaltung der Auswahlverfahren sollte die Auswahlkommission ein Konzept erarbeiten. Der Rückgriff auf etablierte Testverfahren ist aus mehreren Gründen schwierig. Intelligenz- und Persönlichkeitstests sind bei internen Bewerbern kaum anzuwenden, da ein wesentlich besserer und vollständigerer Eindruck über den Interessenten bereits bei den unmittelbaren Vorgesetzten vorhanden sein dürfte. Leistungstests und aufgabenbezogene Testverfahren setzen indes voraus, dass das Testergebnis mit einer Normleistung abgeglichen werden kann (Rastetter 1996, S. 207). Da für den Aufbau eines Service Centers eine solche Normleistung in Form der konkreten Erwartung an den Stelleninhaber durch seine Vorgesetzten noch nicht vorliegen kann, müssen die Inhalte des Auswahlverfahrens und seine Bewertungskriterien konzeptionell erarbeitet werden.

Viele der für die Service-Center-Tätigkeit erforderlichen Fähigkeiten können durch entsprechende Schulungsmaßnahmen ausgebaut werden. Die Kriterien des Auswahlverfahrens sollten daher in enger Kombination mit dem geplanten Schulungsprogramm für die neu eingestellten Service-Center-Beschäftigten entwickelt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Umgang mit Kunden am Telefon für viele bislang noch nicht zu ihren zentralen Aufgaben gehörte. Zwar sind Faktoren wie Telefonstimme usw. für ein Service Center wichtig, mit Blick auf die interne Rekrutierung sollte jedoch bei der Auswahl eher auf allgemeine Fähigkeitsbewertungen Wert gelegt werden. Die konkrete Ausbildung des praktischen Telefonverhaltens wäre dann eher einer nachfolgenden Schulung vorbehalten.

Im wesentlichen sollten im Auswahlverfahren die folgenden Merkmale Berücksichtigung finden (vgl. dazu auch die Anforderungs- und Maßnahmenübersicht in Kapitel 3.4.2.2 Betrieb eines Service Centers):

Literatur:

Bittner, S., Schietinger, M., Weinkopf, C., 2002: Personalmanagement an frequenzabhängigen Kundenschnittstellen, Gelsenkirchen: Institut Arbeit und Technik.

Rastetter, D., 1996: Personalmarketing, Bewerberauswahl und Arbeitsplatzsuche. Stuttgart

Drescher, A. (Hrsg.), 2001: Handbuch zur Personalauswahl in der modernen Kommunalverwaltung. Stuttgart u.a.

Schaal, W., 1991: Die ganzheitliche Personalarbeit. Heidelberg

Nentzel, B., 1997: Reihe Verwaltung gestalten, Orientierungen für die Praxis: Personalentwicklung. Düsseldorf

Schröter, M., 2001: Personalauswahl unter den Vorzeichen des Neuen Steuerungsmodells. In: Drescher, 2001: 29-35.

Burkert, U., 2001: Personalauswahl zwischen zentraler und dezentraler Verantwortung. In: Drescher, 2001: 35-40.

Rolf Brandel, Karin Esch


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