4.1.3 Gestaltung von Entgeltregelungen

Bei der Einrichtung von Call- bzw. Service Centern in der öffentlichen Verwaltung spielen Fragen der Entgeltregelung eine zentrale Rolle. Unter Berücksichtigung der Besoldungs- und tarifrechtlichen Grundlagen müssen Regelungen gefunden werden, die den Anforderungen an die Tätigkeiten in den telefonischen Beratungsdiensten und den Interessen der Beschäftigten gerecht werden (vgl. auch Keller & Kurth, 1991). Bei der Einführung eines Service Centers innerhalb der Strukturen der öffentlichen Verwaltung – was nach gängiger Praxis die häufigste anzutreffende Lösung ist – werden die Gestaltungsspielräume wesentlich durch die Beamten- und tarifrechtlichen Rahmenbedingungen vorgegeben. Zwar sind in diesen Bereichen seit einiger Zeit Flexibilisierungsbestrebungen im Gange, die auch in den geplanten Service Center-Bereichen der öffentlichen Verwaltung Anwendung finden können, es besteht allerdings weiterhin die Notwendigkeit, die Entgeltfestlegung auf der Basis der im BAT oder im entsprechenden Beamtenrecht definierten Tätigkeitsmerkmale vorzunehmen. Die Diskussion verschiedener Aspekte zur angemessenen Entlohnung von Service-Center-Tätigkeiten im öffentlichen Dienst geht dabei von diesen bestehenden Notwendigkeiten aus und vermeidet auf diese Weise das Problem der Ungleichbehandlung von Beschäftigten durch die Anwendung unterschiedlicher Tarifgrundlagen. Derartige Konflikte sind in den zur Privatisierung anstehenden Bereichen der öffentlichen Verwaltung (beispielsweise bei Stadtwerken, im Nahverkehr oder bei der Energieversorgung) recht häufig, da ein wesentliches Einsparpotenzial vor allem darin gesehen wird, die Beschäftigten dort nach Haustarifen unterhalb des bisherigen BAT-Niveaus zu beschäftigen. Auch bei der Einrichtung städtischer Service Center bestünde die Option, durch eine privatwirtschaftliche Ausgründung oder die Beauftragung eines Dritten, die Entlohnung außerhalb des BAT zu regeln. In der Praxis präferieren jedoch die meisten Verwaltungen bisher aufgrund der notwendigen, engen Anbindung an die übrigen Verwaltungsbereiche eine Inhouse-Lösung und sind demzufolge den geltenden Rahmensetzungen des öffentlichen Dienst- und Tarifrechts unterworfen.

Bei der Frage nach einer aufgabenangemessenen Entlohnung sollen die folgenden Aspekte näher untersucht werden:

4.1.3.1 Aufgabenspezifische Grundentlohnung
Die Systematik des BAT verlangt eine an Tätigkeitsmerkmalen orientierte Eingruppierung in eine bestimmte Vergütungsgruppe, so dass zur Bemessung der Grundvergütung die Bestimmung der Arbeitsinhalte notwendig ist. Für alle Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst wird daher eine Arbeitsplatzbeschreibung erstellt, in der – aufgeschlüsselt nach prozentualen Zeitanteilen – die wesentlichen Tätigkeitsmerkmale definiert werden. Jedes dieser Tätigkeitsmerkmale ist einer bestimmten Vergütungsgruppe zugeordnet, für die endgültige Eingruppierung des Beschäftigten ist die Voraussetzung, dass mindestens zur Hälfte die Tätigkeitsmerkmale der zugehörigen Vergütungsgruppe ausgeübt werden.

Zur Vereinfachung der individuell vorzunehmenden Arbeitsplatzbewertung kann innerhalb der öffentlichen Verwaltung für die meisten, häufiger vorkommenden Arbeitsplätze auf Musterbewertungen zurückgegriffen werden. Außerdem hat die Rechtsprechung in den letzten Jahren in vielen Fällen offene Fragen der konkreten Eingruppierung entschieden, so dass sich Arbeitgeber, Beschäftigte und Personalräte in kritischen Fällen häufig auf bereits bestehende Urteile o.ä. berufen können.

Für den Arbeitsplatz im Service Center einer Verwaltung existieren jedoch derartige Vorgaben zur Orientierung bislang noch nicht, so dass hier in den untersuchten Verwaltungen individuell vorgegangen werden musste. Die Überlegungen zur Festlegung der Vergütungsgruppe in den Service Center-Arbeitsplätzen richteten sich aus personalpolitischer Sicht vor allem nach den folgenden Aspekten:
Hinsichtlich der personalpolitischen Zielsetzungen lassen sich bei der Einrichtung von Service Centern in der öffentlichen Verwaltung zwei Herangehensweisen unterscheiden: zum einen wird dabei versucht, für bestimmte Beschäftigtengruppen neue entwicklungsfähige Tätigkeitsfelder zu finden, zum anderen wird das benötigte Service Center-Personal im Zuge einer offenen (internen) Ausschreibung gewonnen. Unter diesen Vorzeichen ist die Herangehensweise bei der Frage der geeigneten Entgeltfestsetzung von den übergeordneten personalpolitischen Zielen abhängig. Dabei lässt sich relativ häufig das Phänomen beobachten, dass die Anforderungen an die Qualifikation der Beschäftigten und die konkreten Arbeitsplatzbeschreibungen vorrangig an diesen Zielsetzungen ausgerichtet werden. Aufgrund fehlender Orientierungs- und Erfahrungswerte bei der Entgeltfestsetzung für Service Center-Dienstleistungen innerhalb der öffentlichen Verwaltung ist diese Vorgehensweise durchaus erklärlich.

Die Grundvergütung der Service Center-Angestellten bemisst sich in der Regel zwischen BAT VIb und Vb für „normale“ Service Center-Agenten und Vc bis IVb für übergeordnete Hierarchiestufen. Diese erhalten ihre Berechtigung einerseits durch wahrzunehmende Teamleiterfunktionen, die durch verschiedene administrative Tätigkeiten gekennzeichnet sind, andererseits wird eine höhere Bezahlung bei Mischarbeitsplätzen gewährt, bei denen zugleich Sachbearbeiteraufgaben anfallen. Mit der in vielen öffentlichen Service Centern anzutreffenden zweistufigen Hierarchie ist zugleich ein Anreiz zum Aufstieg gegeben, welcher zwar aufgrund der oft noch unzureichenden praktischen Erfahrung noch nicht häufig realisiert werden konnte, aber dennoch als regulärer Karriereweg angesehen wird.

Im Gegensatz zu der in den bisherigen Telefonzentralen üblichen Vergütung nach BAT VII ist die in Service Centern übliche Bezahlung deutlich attraktiver. Obwohl die Beschäftigten aus diesen Bereichen ansonsten kaum vergleichbare Aufstiegsmöglichkeiten haben, wird sowohl vom Arbeitgeber als auch von einigen Beschäftigten der Telefonzentrale selbst eine Tätigkeit im Service Center nicht angestrebt. Dabei ist auf beiden Seiten durchaus die Einstellung vertreten, dass die bisherigen Telefonzentralenmitarbeiter zu großen Teilen den Belastungen eines Service Center-Arbeitsplatzes nicht gewachsen seien. Nur zum Teil erfüllt daher die gewährte höhere Grundvergütung das Ziel, die Mehrbelastung gegenüber der Tätigkeit in einer Telefonzentrale auszugleichen. Ebenso ist damit das Ziel verbunden, bei internen Bewerbungen andere Beschäftigtengruppen anzusprechen. Durch den teilweise vorgesehenen Verzicht auf die nach dem BAT vorausgesetzte Ausbildungs- und Prüfungspflicht (§ 25) während der Beschäftigungsdauer im Service Center bietet sich diese Tätigkeit auch für Bedienstete an, welche eine entsprechende Eingruppierung ansonsten aufgrund fehlender Prüfung nicht erreichen können. Der Ausnahmetatbestand des BAT, auf den hier zurückgegriffen wird, ermöglicht nach der aktuellen Rechtslage erst nach Vollendung des 40. Lebensjahres einen generellen Prüfungsverzicht, so dass gerade für jüngere Angestellte ggf. über einen längeren Zeitraum keine Möglichkeiten bestehen, von der Service Center-Tätigkeit hinaus in einen anderen gleichwertigen Arbeitsplatz zu wechseln. Allerdings sind in der Praxis bislang kaum konkrete Bedarfe bekannt geworden, die einen Aufstieg in Bereiche außerhalb des Service Centers erforderlich gemacht hätten. Erst mit zunehmender praktischer Erfahrung sind hier konkrete Aussagen zu der Problemlage möglich.

4.1.3.2 Motivationswirkung zur Übernahme neuer Tätigkeiten
Bei der Frage nach der Motivationswirkung zur Übernahme der Tätigkeit in einem Service Center nehmen finanzielle Gehaltsbestandteile unbestritten einen wichtigen Anteil ein. Zu unterschieden sind jedoch die einmaligen Effekte (etwa bei Übernahme einer neuen Stelle) und wiederkehrende Effekte, welche z. B. durch befristete oder unbefristete Zulagen erzielt werden. In der öffentlichen Verwaltung spielen zu diesen materiellen Anreizen auch – mit Blick auf die eingeschränkte finanzielle Leistungskraft der öffentlichen Personalausgaben – immaterielle Anreize eine wichtige Rolle. Des weiteren sind die Kriterien entscheidend, nach denen sich die Vergabe von Anreizen richtet: hier sind sowohl Anreize auf der Basis von Input als auch auf der Basis von Output möglich.

Die Diskussion um Leistungsanreize im öffentlichen Dienst wurde bereits vor einigen Jahren intensiv im Zusammenhang mit der Reform des BAT geführt. Anreize, so definiert das Verwaltungslexikon relativ allgemein, sind "monetäre und nicht monetäre 'Zahlungen' bzw. Versprechungen, mit denen das erwartete Verhalten der Adressaten nicht erzwungen, sondern z. B. durch Zuschüsse attraktiver oder durch Abgaben unattraktiver gemacht wird. Die Entscheidungsfreiheit der Adressaten bleibt formell gewährleistet, sie können frei entscheiden, ob sie in Reaktion auf die gebotenen Anreize ihr Verhalten ändern wollen" (Eichhorn, 1991, S. 42). Leistungsanreize müssen also so konzipiert werden, dass sie hinreichend attraktiv sind, damit sich ein entsprechendes Engagement für den Einzelnen lohnt.

Den im öffentlichen Dienst am häufigsten vorhandenen dauerhaft wirkenden Anreizen, die mit der Aussicht auf eine höhere Grundentlohnung bei Übernahme einer neuen Tätigkeit ihre Motivationswirkung entfalten, werden in der Diskussion zeitlich befristete materielle Anreize und immaterielle Anreize gegenübergestellt. Als materielle Leistungsanreize sind alle Formen monetärer Belohnungen gemeint – erhöhte Lohn- und Gehaltszahlungen, Prämien, Höhergruppierungen, Zulagen für bestimmte Tätigkeiten und mit Aufstiegsmöglichkeiten verbundene Weiterbildungsmaßnahmen. Die Immateriellen Leistungsanreize hingegen beziehen sich auf nichtmonetäre Faktoren. Damit können beispielsweise Belobigungen gemeint sein, wie etwa die offizielle Auszeichnung einer Abteilung, die besonders gut gearbeitet hat. Von größerer Relevanz dürfte aber eine Verbesserung von Arbeitsbedingungen sein, etwa durch verbesserte Methoden der Personalführung und des Personalmanagements, eine günstige Gestaltung des Arbeitsumfeldes, die Steigerung der Souveränität bei der Arbeitszeitgestaltung oder Maßnahmen zur Verbesserung des Organisations- bzw. Betriebsklimas. Immaterielle Leistungsanreize setzen also häufig präventiv an, indem sie leistungsfördernde Bedingungen schaffen, statt nachträglich eine gute Leistung zu belohnen.

Bei den bereits in Betrieb befindlichen Service Centern der öffentlichen Verwaltung ist die Bedeutung eines angenehmen Arbeitsklimas und anderer Voraussetzungen, die als immaterielle Leistungsanreize gehandelt werden, zumeist in ihrer Bedeutung erkannt worden. Ohne diese Aspekte wäre es nach fast übereinstimmenden Aussagen der Projektverantwortlichen und auch vieler Beschäftigter kaum möglich, die konkreten neuen Serviceleistungen gemeinsam zu erarbeiten, kontinuierlich zu verbessern und schließlich geeignete Arbeitsstandards zu definieren. Am Beispiel des Service Centers zeigt sich damit, dass es wichtig ist materielle und immaterielle Anreize sinnvoll zu verknüpfen. Dieser Aspekt spielt auch in der allgemeinen Diskussion um Leistungsanreize eine wichtige Rolle, ob es eher materielle oder immaterielle Anreize sind, die eine größere Wirksamkeit entfalten. Dabei wird oft vereinfachend auf die Maslowsche Bedürfnispyramide (Maslow, 1999) verwiesen und die Schlussfolgerung gezogen, dass materielle Anreize in erster Linie auf der Ebene der unteren Gehaltsgruppen von Bedeutung seien, während Mitarbeiter der oberen Gehaltsgruppen eher Interesse an der Selbstverwirklichung hätten. Eine derart vereinfachte Gegenüberstellung zwischen materiellen und immateriellen Anreizen verkennt jedoch die Wechselwirkung, die zwischen beiden besteht: Wer in sehr unbefriedigenden Arbeitsbedingungen arbeitet, also beispielsweise über keinerlei Handlungsspielraum verfügt, wird auch durch materielle Anreize nicht dauerhaft zu motivieren sein. Umgekehrt gilt aber ebenfalls, dass ein Mitarbeiter, der aufgrund von immateriellen Anreizen sehr gute Leistungen erbringt, auf Dauer auch nach einer materiellen Auswirkung dieser Leistungen fragen wird. Beide Aspekte sind also nicht voneinander zu trennen, und die Motivationswirkung eines Systems, dass ausschließlich auf immaterielle Anreize setzt, wird auf Dauer ebenso in Frage zu stellen sein, wie die einseitige Ausrichtung auf materielle Aspekte. Die in den betrachteten öffentlichen Service Center gefundenen Wege der Verknüpfung materieller und immaterieller Anreize haben hier durchaus vorbildlichen Charakter.

Hingegen ist die in der Debatte um Leistungsanreize ebenfalls thematisierte Zeitorientierung in der Service-Center-Praxis noch sehr gering ausgeprägt. Generell werden gewährte finanzielle Anreize in dauerhafte, regelmäßige und punktuelle Anreize unterschieden. Dauerhafte Anreize können Beförderungen bzw. Höhergruppierungen sein: Durch gute Leistungen wird quasi ein Anspruch erworben, der eingelöst wird. Regelmäßige Anreize sind etwa Prämien, die in bestimmten Abständen (beispielsweise jährlich) je nach Leistung im vorausgegangenen Zeitraum ausgeschüttet werden, oder Zulagen, die aufgrund von erbrachten Leistungen für einen bestimmten Zeitraum gewährt werden. Punktuelle Anreize sind Prämien, die zu einem bestimmten Anlass, etwa als Honorierung einer besonderen Leistung, ausgeschüttet werden, oder auch Zulagen, die für eine konkrete Aufgabe, etwa für die Bearbeitung eines größeren Projektes, vergeben werden.

Kritisch wird im Service-Center-Bereich ebenfalls die Thematik der outputorientierten Bewertung gesehen. Aufgrund der technisch leicht erfassbaren Arbeitsdaten musste sich die Behörde in Betriebsvereinbarungen mit dem Personalrat in der Regel verpflichten, individuelle Leistungsdaten nicht zu verwenden. Dementsprechend sind ergebnisorientierte Anreize derzeit noch ausgeschlossen.

In den bereits in Betrieb gegangenen Service Centern sind praktisch bislang nur dauerhafte Anreize durch höhere Vergütung zur Übernahme der Tätigkeit vorhanden. Die Motivationswirkung von dauerhaften Anreizen wird vielfach aber sehr skeptisch beurteilt: Untersuchungen zufolge hat Geld als Motivator eine sehr geringe Halbwertzeit (Sprenger, 1992, S. 87 ff.) – der einzelne Mitarbeiter gewöhnt sich nach der Beförderung schnell an das höhere Gehalt, so dass der Motivationsfaktor wegfällt. Die demotivierende Wirkung bei Kollegen, die bei der Auswahl nicht berücksichtigt wurden, stellt ein weiteres Problem dar (welches sich im übrigen in Zeiten knapper Beförderungsstellen verschärft auswirkt). Unter dem Gesichtspunkt der Anreizwirkungen spricht also einiges dafür, statt mit dauerhaften Höhergruppierungen häufiger mit regelmäßigen und auch mit punktuellen Anreizen zu arbeiten. Hierfür müssten noch geeignete Kriterien und Entlohnungsmodelle entwickelt werden.

4.1.3.3 Leistungsförderliche Bestandteile
Die bisherigen Entgeltmodelle der Service Center sehen praktisch noch keine befristet oder punktuell zu gewährenden Leistungsanreize vor. Für die Weiterentwicklung finanzieller Leistungsanreize ist die Erarbeitung von Kriterien notwendig, nach denen beispielsweise eine von den Beschäftigten innerhalb und außerhalb des Service Centers als gerecht empfundene Vergabe von Zulagen und Prämien erfolgen kann. Einige mögliche Anwendungsbeispiele sollen im Folgenden näher diskutiert werden.

Ein wesentlicher Ansatzpunkt für die Gewährung von Leistungsanreizen könnte im Ausgleich zeitlicher Belastungsfaktoren liegen. Im Normalfall wird in den kommunalen Service- und Beratungscentern eine längere Erreichbarkeit als in den übrigen Teilen der öffentlichen Verwaltung gewährleistet. Zwar hat die Diskussion um die Erreichbarkeitsdauer dazu geführt, dass mit Blick auf die damit verbundenen Kosten die Besetzung der Service Center-Arbeitsplätze in extremen Tagesrandlagen entweder ganz entfällt oder aber die erwünschte Dienstleistungsqualität über die Umleitung zu ohnehin ständig besetzten Stellen erreicht wird. Dennoch sind Arbeitsplätze im Service Center in der Regel aufgrund der festen Dienstpläne und der häufigeren Abend- und teilweise Wochenenddienste zeitlich umfassender, was in der Regel durch eine attraktivere Grundbezahlung ausgeglichen wird. Da der BAT insbesondere für Samstagsdienste keine zusätzliche Entlohnung vorsieht, haben die Beschäftigten in den Bürgerämtern und Service Centern, die nach Dienstplan an diesen Tagen arbeiten müssen, nur dann einen finanziellen Vorteil, wenn sie im Service Center eine Vergütungsgruppe erzielen können, die ihnen ansonsten innerhalb der Verwaltung nicht offen steht. Damit ist aber auch die Notwendigkeit verbunden, die Belastungen möglichst gerecht auf alle Beschäftigten zu verteilen, damit dieser Ausgleichseffekt durch die attraktivere Grundvergütung auch allen gleichermaßen zuteil wird. Eine individuelle Zulage oder Prämie, welche sich z. B. nach „unattraktiven“ Arbeitszeiten am Samstag richtet, wäre mit dem BAT nur schwer vereinbar und brächte zudem das Problem mit sich, dass damit auch in anderen Arbeitsbereichen der Verwaltung Ansprüche begründet werden könnten. An individuellen Leistungen orientierte Zahlungen dürften am Widerstand der Personalvertretungen scheitern, welche die Nutzung der im Service Center leicht erfassbaren Arbeits- und Leistungsdaten für die Zwecke der Personalbewertung untersagt haben. Es empfiehlt sich daher vermutlich nicht, für den Service Center-Bereich individuelle Gehaltsbestandteile zu entwickeln, welche die Grundvergütung ergänzen bzw. teilweise ersetzen könnten. Eine größere Chance liegt eher in der Entwicklung gruppenbezogener Anreize, die materiell oder immateriell zudem für eine Weiterentwicklung der Teamarbeit der beteiligten Service-Center-Agents sorgen könnten.

4.1.3.4 Konturen eines gruppenbezogenen Anreizsystems
In der Einführungspraxis wird seitens der Service-Center-Verantwortlichen zunächst erfahrungsgemäß mehr Wert auf eine strikte Dienstplaneinteilung gelegt. Es geht den Teamleitern zunächst darum, dass der Betrieb sichergestellt ist und die Wartezeiten für die Anrufer durch Personalengpässe auch zu Spitzenzeiten möglichst gering sind. In einem zweiten Schritt dürfte es in etablierten Service Centern jedoch auch möglich sein, den Personaleinsatz zur Bewältigung der eingehenden Anrufe mehr in die Verantwortung der Gruppe der Agents selbst zu legen. In Verbindung mit gruppenbezogenen Anreizen und Prämien sind hier durchaus flexible und mitarbeitergerechte Arbeitsformen denkbar. So könnte nicht nur der Personaleinsatz unmittelbar durch die Agents selbst organisiert werden, sondern auch die Aufteilung in reine Telefon- und begleitende Sachbearbeitertätigkeit könnte innerhalb der Gruppe eigenverantwortlich geregelt werden. Gruppenbezogene Anreize, d.h. Prämien, die beispielsweise auf der Basis kollektiver Leistungen gezahlt würden, könnten in diesem Kontext eine wichtige unterstützende Funktion einnehmen, ohne dass hierzu eine unmittelbar individuelle Leistungszurechnung erfolgen müsste. Ähnlich wurde bereits bei der Gewährung von Leistungsanreizen in verschiedenen kommunalen Bürgerämtern verfahren. Allerdings würde ein solcher Ansatz die Position der Teamleiter tendenziell schwächen und sich gegen die im Aufbau befindliche unmittelbare „kollegiale Hierarchie“ durch Teamleitungen einschließlich der damit verbundenen dauerhaften Aufstiegsmöglichkeiten für Service-Center-Agents stellen.

Als mögliche Kriterien für gruppenbezogene Anreize können die folgenden Anhaltspunkte dienen:
Das zu erarbeitende gruppenbezogene Leistungsanreizsystem sollte zudem vorsehen, dass anstatt finanzieller Zahlungen auch ein Freizeitausgleich in Anspruch genommen werden kann. Die Kriterien für finanzielle gruppenbezogene Anreize müssen in den betroffenen Service Centern individuell entwickelt werden. Bewertungsgrundlagen sollten so weit wie möglich transparent gemacht werden und mit der Personalvertretung abgestimmt sein. Sofern es innerhalb der Verwaltung weitere Anwendungsbeispiele für Leistungsanreize gibt, wäre auch der Abschluss eines Tarifvertrags im Sinne eines Experimentiercharakters zu überdenken.

Literatur

Eichhorn, Peter et al. (1991): Verwaltungslexikon. 2., neu bearbeitete Auflage. Baden-Baden

Keller, K.-J & Kurth, G. (1991). Grundlagen der Entlohnung. In Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände. Bergisch-Gladbach: Heider

Maslow, A.H. (1999): Motivation und Persönlichkeit. Reinbek: Rowohlt

Sprenger, Reinhard K. (1992): Mythos Motivation. Wege aus der Sackgasse. Frankfurt/M.

Rolf Brandel


Öffentliche Beratungsdienste
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