1.2 Konzepte öffentlicher Informations- und Beratungsdienste

Die Anforderungen der Bürger an öffentliche Telefondienstleistungen variieren nach Art der Dienstleistung, sind aber von der Tendenz her vergleichbar mit denen an gewerblichen Service Centern.

So werden oft genannt: bessere Erreichbarkeit der Sachbearbeiter, schnellere Auskünfte, kürzere Informationswege, qualifizierte Auskünfte mit abschließender Bearbeitung auch am Telefon, Vermittlung der richtigen Ansprechpartner ohne Wartezeiten und Auskunft über den Bearbeitungsstand von Anträgen.

Die Konzepte öffentlicher Informations- und Beratungsdienste, die ausgehend von den Anforderungen zu entwickeln sind, sind aufzusetzen auf den Reformprozess, die sogenannte „neue Steuerung“, meist realisiert in einer Kosten-/ Leistungsrechnung, Qualitätsmanagement, Budgetierung, dezentraler Ressourcenverantwortung oder neuer Führungssysteme mit Zielvereinbarungen.

Folgende betriebsorganisatorische Modelle zur Entwicklung von telefonischen Dienstleistungen sind für den öffentlichen Dienst zu unterscheiden:
  1. Das zentrale Service Center als Fortentwicklung der früheren Telefonzentrale mit erweiterten Funktionen und höheren Qualitätsansprüchen. Ohne langes Warten erreicht der Bürger einen Ansprechpartner, erhält Direktauskünfte auf einfache Anfragen, kann Bestellungen durchführen und wird ansonsten qualifiziert und sicher an zuständige Sachbearbeiter vermittelt.
  2. Das Fachbereichs-Service-Center für abgrenzbare Aufgabenbereiche: Es ist als Front-Office für Telefon und Publikumsverkehr eines Fachbereichs zuständig und erledigt mittelschwere Bürgeranliegen abschließend. Komplexe Anliegen können entweder vorbereitend erfasst und durch die Sachbearbeiter im Hintergrund anschließend effizient bearbeitet werden oder es wird unmittelbar vermittelt. Entscheidender Erfolgsfaktor ist das optimale Zusammenspiel zwischen Front-Office und Back-Office.
  3. Das Bürgerbüro-Service-Center als Verknüpfung des Bürgerbüros mit der Telefonauskunft. Zum einen wird die Funktion der qualifizierten Weiterentwicklung wahrgenommen, zum anderen werden wichtige und häufige Anlagen von Bürgern komplett bearbeitet – auf telefonischem Weg oder beim persönlichen Besuch. Das Bürgerbüro-Service-Center ist fachbereichsübergreifend für ein breites und heterogenes Aufgabenspektrum zuständig.
    Zu diesen Grundformen gibt es weitere Mischformen, wie z.B. das zentrale Beschwerdetelefon oder anlassbezogene Service Center sowie insbesondere für kleinere Kommunen die Möglichkeit zum Betrieb eines interkommunalen Service Centers (vgl. dazu auch ab Kapitel 3.1 Service Center für die öffentiche Verwaltung
Neben der Organisation müssen auch die technischen Grundlagen berücksichtigt werden. Dabei sind integrierte Konzepte zu entwickeln, die das Service Center auf einer gemeinsamen Plattform mit anderen Technikstrukturen aufbauen. Eine Übersicht wird in der Tabelle (nächste Seite) gegeben.

Die dritte Ebene der Gestaltung ist neben Organisation und Technik das Personal.

Mit der Einführung neuer Bürgerdienstleistungen kommen auf die Beschäftigten neue Herausforderungen zu:
Dabei ist die frühzeitige Beteiligung und die umfassende Information aller Beschäftigten und des Personalrates für den Entwicklungsprozess sehr wichtig. Hierbei geht es um die fachspezifische und fachübergreifende Qualifizierung, die flexible Nutzung der Möglichkeiten des BAT und eine human orientierte und entwicklungsförderliche Arbeitsgestaltung.

Tabelle 1-1: Übersicht zu aktuellen und zukünftigen Technikstrukturen

Bürgerinformationssystem
- Vorinformationen und Verständnishilfen sind vom Bürger abrufbar über Internet,
und Wegweiserfunktion (Orientierungshilfe),
- Anspruchsinformationen über Rechte, Verwaltungsleistungen und Pflichten,
und Fachinformationen

Formularserver
- leichte erreichbarkeit von Formularen und Ausfüllhilfen (Formulare können abgerufen und aus gedruckt werden aber auch am Bildschirm ausgefüllt werden),
- Ausfüllhilfen durch Menschen per Telefon oder multimediale Telepräsenz

Integriertes Zugangsmanagement: Single-Window-Zugang
Bürger können zu einer Verwaltungsleistung über verschiedene Zugangskanäle nach Wahl wie z.B. Internet, E-Mail, Telefon oder persönlich gelangen

Interaktionsgestaltung
- Optimale Kommunikation mit den zuständigen Stellen über den gesamten Vorgang,
- Bürger kann vom PC zuhause aus Einsicht in den Bearbeitungsstand z.B. seines Bauantrages nehmen, Front-Office-Beschäftigte ebenfalls,
- jeder Kooperationspartner einer bestimmten Dienstleistungserstellung kann sich über Bearbeitungsstand und -dauer informieren
- Voraussetzung ist, dass von den Kooperationspartnern Dokumente gemeinsam gelesen und verändert werden können

Transaktions-Reengeneering: optimale Durchführung des Vorgangs
Nutzung der Informationstechnik für eine bessere Prozessgestaltung in einem ganzheitlichen Ansatz - Veränderung nicht nur binnenorientierter Prozesse, sondern auch von Zugang und Interaktion

Feedback / Bürgerbeteiligung
Rückkopplungsprozesse zwischen Bürger und Verwaltung
Ideenmanagement (positive Anregungen und Kritik der Bürger werden umgesetzt)

Virtuelle Verwaltung
Der Bürger kann auch Leistungen nachfragen, zu deren Erledigung Spezialisten über multimediale Verbindungen zugeschaltet werden - aus dem Dialog zwischen Sachbearbeiter und Bürger würde somit ein 'Trialog' (z.B. über Videokonferenzen).Über einen virtuellen Zusammenschluss einer einzigen Organisation hinaus geht der Zusammenschluss unterschiedlicher Behörden auf Basis vernetzter Rechnersysteme, um gemeinsam eine bestimmte Aufgabe zu erledigen (neue interne Kooperationsformen jenseits von Behördengrenzen, beispielsweise auch realisierbar im 'Lebenslagenkonzept'. Dabei ist der datenschutz zu beachten.


Die folgende Abbildung veranschaulicht zusammenfassend die drei Ebenen eines Leitbildes:

Abbildung 1-1: Die drei Ebenen eines Leitbildes
Abbildung 1-1: Die drei Ebenen eines Leitbildes
Öffentliche Beratungsdienste
vom Call Center zur Service- und Informationsagentur